Am Mittwoch dem 2. Dezember 2015 war es soweit. Das lang ersehnte Halbfinale der Unimeisterschaft zwischen Vasco da Gama (wir) und Marihuapos (die anderen) fand statt. Wir alle waren bis in die Haarspitzen motiviert. Ich war heiß! Noch ahnte ich nicht was passieren sollte…

Das Fußballspiel begann um 13:15 Uhr. Aber die Schlacht begann schon ein Tag zuvor. Unsere Gegner setzten ein Gerücht in die Welt wonach sie nicht spielen könnten. Anscheinend wollten sie das Spiel auf den Donnerstag verlegen. Wir ließen uns nicht darauf ein und witterten Psychospielchen. Die perfide Theorie: Marihuapos wollten dafür sorgen, dass wir nicht zum Spiel erscheinen, um so einen Sieg per Disqualifikation einzufahren. Aber nichts da!

Am Abend zuvor verzichtete ich auf jegliche Aktivitäten, die den Spielverlauf nachteilig beeinflusst haben könnten. Kein Bier, keine Party – nichts. Ich schlief super und war bereit. Die beiden Prüfungen an dem Tag waren für mich reine Nebensache. 

Beim Packen der Sachen dachte ich noch daran heute andere, festere Schuhe anzuziehen. Aber dann entschied ich mich dazu keine Experimente bei diesem wichtigen Spiel einzugehen. Ich ging also los zur Uni. Und siehe da… Die Gegner waren alle vollzählig da. Ein Schelm wer Böses dabei denkt! Meine Mannschaft war heiß. Wir hatten unsere Freunde mitgebracht und die Atmosphäre war geladen. Die Elektrizität war spürbar. Alle warteten nur darauf, dass wir loslegten. Das Spiel war nicht nur das Halbfinale, nein, es war zudem noch die Revanche für unsere bitterste Saisonniederlage. Wir waren an dem Tag in völlig desolatem Zustand und bekamen nichts auf die Reihe. Marihuapos statuierten ein Exempel an uns. Wir brannten darauf Rache zu nehmen.

Nach einer konzentrierten Aufwärmphase ging es los. Der Schiedsrichter fragte ob wir bereit wären, die Zuschauer waren auf ihren Plätzen und die Spieler bis in die Haarspitzen motiviert. Anpfiff…

Das Spiel begann in einem wahnsinnigen Tempo. Es ging hin und her. Die Gegner legten einen starken Rhythmus an den Tag. Aber wir kämpften uns in den ersten Minuten durch das Spiel. In dieser Phase war es besonders wichtig kein Gegentor zu bekommen. Schließlich wollten wir den Starsturm der Gegner durch unser Abwehrbollwerk zur Verzweiflung bringen. Mit Erfolg! Ich als Torhüter und mit ca. 15 cm Größenvorteil gegenüber den Gegnern fischte alle Flanken aus dem Gefahrenfeld. Kein Durchkommen. Meine Verteidigung erledigte ihren Job ebenfalls aufopferungsvoll. Sie kämpften wie Berserker. Und schließlich wurden wir mit dem 1:0 belohnt. Das Stadion glich einem Hexenkessel. Die Zuschauer jubelten.

Weiter ging es in dieser heißen Partie. Wir spielten diszipliniert weiter. Leider schafften wir es nicht noch ein Treffer draufzulegen: Pfosten! Im Gegenzug fiel der Ausgleich. Die Reaktion war aber Weltklasse. Vom Anstoßpunkt wuchtete unser Kapitän den Ball sofort wieder zur Führung. Mit 2:1 für uns ging es in die Pause.

Wir schmiedeten den Plan nichts an unserer Taktik zu verändern. Schließlich spielten wir sehr guten Fußball. Sie waren technisch zwar stärker als wir, aber wir kämpften in jedem Zweikampf ums Überleben. Außerdem spielten wir als Team geschlossen zusammen. Wenn es ein Spiel gäben müsste, welches beispielhaft für die Bedeutung des Wortes „Team“ stehen sollte, dann dieses. 

Auf geht's mit Hälfte zwei. Wir wurden nun sogar offensiv gefährlicher hatten aber teilweise haarsträubende Fehlschüsse. Wir wussten unsere Chancen nicht zu nutzen. Die Zuschauer wurden mit zunehmender Dauer immer lauter und ein begeistertes Spiel entbrannte. Immer mehr Leute aus dem benachbarten Fitnessstudio strömten hinzu.

Das Spiel war irgendwann völlig von den Emotionen zerfressen. So fiel Tor um Tor. Irgendwann stand es 4:4 und es waren nur noch 90 Sekunden zu spielen. Meine Mannschaft war im Angriff, scheiterte knapp und der Gegner konterte blitzschnell. So kam es dazu, dass der Stürmer alleine auf mich zulief. 

Ich blieb oben, konzentrierte mich, wartete ab. Der Schuss kam, ich hechtete und… HIELT den Ball!

Aber in dem Moment sackte ich zu Boden. Ich bemerkte sofort, dass ich im Boden mit dem großen Zeh hängenblieb und mit vollem Körpergewicht umknickte. Gelähmt lag ich da, nur um Sekunden darauf zu realisieren was passiert war: Der Stürmer schoss den abgeprallten Ball ins leere Tor. 4:5. Noch eine Minute zu spielen.

Ich konnte nicht mehr laufen (hätte ich bloß die anderen Schuhe genommen) und sah von draußen zu, wie wir noch verzweifelt anrannten. Aber unsere leidenschaftlichen Versuche prallten an den Gegnern ab wie die Wellen am Fels. Abfpiff…

Wir waren sprachlos. Wir waren niedergeschmettert. Am Boden zerstört. Wir hatten alles gegeben. Wir hatten gekämpft und eine wahnsinnige Leistung abgerufen. Wir waren so nah dran und sind dann so bitter gescheitert.

Für mich war es doppelt bitter. Das Halbfinale in letzter Minute verloren. Und bei der entscheidenden Aktion auch noch verletzt. Den Ball zu halten war unmöglich, das wusste jeder, aber bitter war es trotzdem.

Jetzt schon blicken wir alle nach vorne. Meine Teamkollegen werden nächstes Semester wieder angreifen und einen neuen Versuch starten. Die zahlreichen Erinnerungen an diese großartige Mannschaft werde ich immer bei mir tragen.

Und nachdem ich jahrelang kein Wettkampffußball mehr gespielt habe ist eines für mich klargeworden:

Ich werde wieder Fußball spielen.

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